Die Seine
Von Paris bis Le Havre und zurück
Sie entspringt in Source-Seine in der Nähe von Dijon und mäandert in unzähligen Schlingen über 777 Kilometer bis zum Ärmelkanal. Von Paris bis Rouen heißt sie „basse Seine“, von dort bis zur Mündung „Seine maritime“ – die untere und die maritime Seine. Der Strom wurde nach der keltischen Göttin Sequana benannt, die als Quellnymphe verehrt wurden.
Das Schiff fährt von Paris über die Hauptstadt der Normandie Rouen mit mittelalterlichem Charme. Die malerische Hafenstadt Honfleur wurde vermutlich durch die Wikinger gegründet. Le Havre, das Tor zum Ärmelkanal zeigt sich mit moderner, futuristisch anmutender Architektur. Die Abteien Boscherville und Jumiège sind architektonische Kunstwerke. Der Vater des Impressionismus, Claude Monet, hat wundervolle Werke geschaffen, von denen viele im Garten seines Hauses in Giverny entstanden sind. Das Schloss Chantilly kann sich durchaus neben Versailles sehen lassen. Die Metropole Paris ist der krönende Abschluss der Reise. Was haben der Impressionismus und die Fotografie miteinander zu tun? Diese Frage wird am Ende beantwortet.
Schleusen
Auf der Strecke liegen acht Schleusen mit einem Höhenunterschied zwischen 2,84 und 7,90 Metern, insgesamt 26 Meter auf der Gesamtstrecke.
Die Gezeiten beeinflussen die Wasserstände. Ebbe und Flut können das Wasser bis zu 2,5 Meter anheben. Ab Rouen ist der Strom auch für Hochseeschiffe befahrbar.
Wenn das Schiff sinkt, werden die Wände der Schleusen sichtbar. Das Wasser hinterlässt Spuren: Es verändert die Farben und Oberflächen. Sie wirken wie abstrakte Kunst.





Einfahrt nach Rouen
Die Geburtsstadt von Gustave Flaubert wird auch „Stadt der 100 Kirchtürme“ genannt. Gotische Bauwerke und alte Fachwerkhäuser prägen das Stadtbild. Das Musée des Beaux-Art besitzt eine der größten Sammlungen impressionistischer Werke von Alfred Sisley, Edgar Degas, Camille Pissarro, Claude Monet und anderen.
Rouen – Stadt mit mittelalterlichem Flair
Der Name der normandische Stadt leitet sich von Rotomagus aus der gallo-romanischen Besiedlung bis ca. 500 vor Christus ab. 911 eroberten die Wikinger die Stadt. König Karl der Dritte verlieh die Normandie an den Wikinger Rollo als Lehen. Rouen wurde zur Hauptstadt.
Im 16. Jahrhundert hatten die Menschen einen hohen Bildungsstand und unterstützten die lutherische Reformation. Zum Missfallen von König Heinrich II. wurde die Stadt zur Hochburg der Reformation. Die deutsche Wehrmacht besetzt sie am 9. Juni 1940.
Jeanne d’Arc starb am 30. Mai 1431 auf dem Marktplatz von Rouen auf dem Scheiterhaufen. Papst Benedikt XV. sprach sie am 16. Mai 1920 heilig. Zu Ehren der Nationalheldin wurde die Église Sainte-Jeanne d’Arc errichtet – an der Stelle, an der sie hingerichtet wurde.






Von Rouen nach Le Havre
Auf der 98 km langen Strecke passiert das Schiff zwei Schleusen: Tancarville und Vetillard. Der Höhenunterschied hängt von den Gezeiten ab.
Honfleur
Der Name der Stadt stammt vermutlich aus der Zeit der Wikinger, abgleitet von „Honna Flow“ – kleine Bucht – oder „Honna flóð“ – Honnas Fluss. Mit Blumen „fleur“ hat er nichts zu tun.
Zum Schutz vor Feuer wurde der Glockenturm der „Église Saint Catherine“ als eigenes Gebäude errichtet. In der „Metzgergasse“ konnte man im Mittelalter Fleischwaren kaufen.
Claude Monet, Gustave Courbet und Eugène Boudin haben die Stadt gemalt. Einige ihrer Werke können im Eugène-Boudin-Museum bewundert werden.





Le Havre
Im Zweiten Weltkrieg wurde die Stadt stark zerstört. Der Stadtkern wurde nach Plänen des Architekten Auguste Perret wieder aufgebaut und ist UNESCO-Welterbe.
Das Kulturzentrum Le Volcan stammt vom brasilianischen Architekten Oskar Niemeyer. Er schuf aus Stahlbeton futuristische Bauwerke. Nach dem Militärputsch 1964 in Brasilien ging er
nach Frankreich ins Exil. 1982 kehrte er nach der Generalamnesie in seine Heimat zurück. Mit Fidel Castro war er eng befreundet. Er starb 2012 in Rio de Janeiro.






Von Le Havre nach Caudebec-en-Caux
Auf der 53 km langen Strecke passiert das Schiff wieder die Schleusen Vetillard und Tancarville.
Abbaye Saint-Georges in Boscherville
Die Benediktinerabtei wurde im 17. Jahrhundert im normannisch-romanischen Stil errichtet. Der Kapitelsaal der lichtdurchfluteten, dreischiffigen Abteikirche ist mit vielen Skulpturen
geschmückt, die teilweise grausame Szenen als Mahnung an die Lebenden vor dem Tod zeigen. Das französische Kulturministerium hat die Abtei als „Monument historique“ anerkannt.
Die Gärten sind mit einem Springbrunnen, Gemüsebeeten, medizinischen und aromatischen Pflanzen, einem Labyrinth und Weinreben angelegt.





Abbaye Jumiège
Der heilige Philibert gründete die Abtei 654 auf einem Grundstück, das ihm König Chlodwig II. und seine Frau Balthild geschenkt hatten. 841 brannten sie die Wikinger nieder.
Herzog Wilhelm I. der Normandie gab den Anstoß, das Kloster wieder aufzubauen. 945 wurde sie als Baumaterial für Festungen und Mauern der Hauptstadt Rouen verwendet.
1040 bis 1052 wurde es neu errichtet. Abt Nicolas Le Roux war am Prozess gegen Jeanne d’Arc beteiligt. Das Pförtnerhaus stammt aus dem 14. Jahrhundert.





Von Caudebec-en-Caux nach Vernon
Die 70 km lange Fahrt führt an Rive-en-Seine vorbei. Die früher eigenständigen Orte Gemeinden Caudebec-en-Caux, Saint-Wandrille-Rançon und Villequier wurden 2016 eingemeindet.
Claude Monet (14.11.1840 bis 05.12.1926)
Vom Kunstkritiker Louis Leroy bei einer Ausstellung im Pariser Salon nach dem Titel eines Bildes gefragt, antwortete Monet spontan: „Impression, Sonnenaufgang“. Leroy berichtete abfällig über die „Impressionisten“. Die Künstler übernahmen den Namen für ihren Stil.
Leicht hatten es Monet, Renoir, Delacroix, Courbet und andere nicht. Monet initiierte die „Société Anonyme Coopérative d’ Artistes-Peintres, -Sculpteurs, -Graveurs, etc.“, um Ausstellungen auszurichten. Allmählich fanden die neuartigen Werke Anklang und Käufer.
1980 kaufte Monet das Haus in Giverny und legte einen Garten an. Seine erste Frau Camille Doncieux brachte zwei Töchter in die Ehe. Gemeinsam hatten sie noch zwei Söhne. Sie starb mit 32 Jahren. Monet heiratete Alice Hoschedé, die mit sechs Kindern zu ihm zog.
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Von Vernon nach Le Pecq
Die alte Wassermühle von Vernon war ein beliebtes Motiv von Claude Monet. Das „Château des Tourelles“ aus dem 12. Jahrhundert diente dem Schutz der Stadt. Während der französischen Revolution war es ein Gefängnis, im 19. Jahrhundert eine Kaserne, dann eine Gerberei.
Chateau Chantilly
Kleiner und kompakter als Versailles, aber mindestens genauso beeindruckend ist das Schloss Chantilly. Prinz von Condé fand, dass König Ludwig XIV. das Schloss kennenlernen
sollte und lud ihn zu einem dreitägigen Fest ein. Küchenmeister Francois Vatel, ein Meister seines Fachs, bereitete ein aufwändiges Bankett mit Konzerten, Feuerwerk und
Wasserspielen für 3000 Gäste vor. Als der Fisch für das Bankett nicht pünktlich geliefert wurde, fühlte er sich in seiner Ehre verletzt und beging Selbstmord.






Von le Pecq nach Paris
Es sind noch etwa 20 km bis Paris. Die Schleuse Suresnes mit einem Höhenunterschied von 3,17 m wird passiert. Endstation ist der Quai de Javel Bas.
Paris
Die Metropole ist Kulisse unzähliger Geschichten, Filme und Lieder. Hier trieb das Phantom der Oper sein Unwesen. Sie ist die Stadt der Mode, der Kultur und der Avantgarde.
Wunderschön leuchtet der Eiffelturm in der Nacht. Stündlich findet eine Lightshow statt. Aus designrechtlichen Gründen dürfen Fotos der Illumination nicht veröffentlicht werden.
Der Bildhauer Frédéric Auguste Bartholdi schuf die Freiheitsstatue, die den Vereinigten Staaten zum Unabhängigkeitstag 1889 geschenkt wurde. Fünf kleine Versionen stehen in Paris.










Impressionismus und Fotografie
Salon de Paris
Um höfisch gefällige Kunst auszustellen, hatte König Ludwig IV. 1667 den Salon de Paris ins Leben gerufen. Die Regeln waren streng: Das Sujet des Bildes musste der technischen Umsetzung untergeordnet werden, die Linienführung perfekt sein. Individuelle Gestaltung war undenkbar.
Umbruch
Mitte des 19. Jahrhunderts begannen Künstler auszuscheren. Sie wollten ihren eigenen Stil entwickeln, die Natur mit ihren Stimmungen, ihrem Licht und ihren Farben festhalten. Sie wollten den Wind und die Meeresbewegungen darstellen, das wirkliche Leben zeigen – Malerei en plein air anstatt im Atelier – und stießen damit zunächst auf Unverständnis und Missfallen.
Namensgebung
Claude Monet war einer der ersten Vertreter der neuen Kunstrichtung. Es gelang ihm, im Pariser Salon auszustellen. Dort fragte ihn der Kunstkritiker Louis Leroy nach dem Titel eines Bildes, das einen Sonnenaufgang im Hafen von Le Havre darstellte. Spontan antwortete
Monet „Impression, soleil levant”. Im Pressebericht schrieb Leroy „ein Tapetenentwurf sei ausgereifter als dieses Seestück von Monet“. In satirischer Absicht bezeichnete er die Künstler als Impressionisten, die die Bezeichnung für sich und ihre Werke übernahmen.
Die Künstler
Zu den frühen Vertretern des Impressionismus zählen Claude Monet, Édouard Manet, Pierre-Auguste Renoir, Camille Pissarro, Alfred Sisley, Edgar Degas und Auguste Rodin, später Paul Cézanne und Vincent van Gogh.
Claude Monet malte als Erster Serienbilder, die ein Motiv zu verschiedenen Jahreszeiten oder Lichtverhältnissen zeigten, wie zum Beispiel seine „Heuhaufen“ (Getreideschober).
Das neue Medium
Parallel dazu war die Fotografie auf dem Vormarsch. Sie entsprach dem Zeitgeist und bildete die Wirklichkeit „objektiv“ ab. 1816 hatte der Franzose Joseph Nicéphore Niépce die Camera obscura entwickelt. Louis Jacques Mandé Daguerre hatte sie weiterentwickelt
und ihr nach Niépces Tod seinen Namen gegeben. Die Technik war noch sehr aufwändig. Auf eine Kupferplatte wurde eine dünne Silberplatte aufgelötet und poliert. Durch Joddämpfe wurde sie lichtempfindlich gemacht. Die Belichtungszeit betrug etwa 20 Minuten. Das Bild wurde mit Quecksilberdämpfen entwickelt, durch kaltes Wasser gehärtet und mit Kochsalzlösung fixiert.
„You put the button, we do the rest“
Im Jahr 1839 erwarb der französische Staat die „Daguerreotypie“ und übergab sie der Öffentlichkeit. Endlich war es möglich, sich – wie die Reichen und Adligen – portraitieren zu lassen.
1888 entwickelte George Eastman unter der Markenbezeichnung KODAK eine einfach zu bedienende und vergleichsweise günstige Kamera mit Rollfilm. Der Slogan „You put the button, we do the rest“ drückte aus, wie einfach das neue Medium zu bedienen war. Wenn der Film voll war, schickte man ihn samt Kamera zum Entwickeln. Man erhielt die Bilder und eine neue Kamera zurück. Damit wurde die Fotografie massentauglich.

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Die nächste Reise: Kuba
Die karibische Insel hat eine ereignisreiche Geschichte hinter sich. Eroberungen durch Spanien und Großbritannien, mehrere Regierungsumstürze haben das Leben auf Kuba geprägt.